Wednesday, April 05, 2006

"Oury-Jalloh 7.1.2005"







GEGEN RASSISTISCHE STAATSGEWALT, VERTUSCHUNG UND STRAFLOSIGKEIT

OURY JALLOH: MORD IN DER POLIZEIZELLE
Bundesweite Demo am 1. April 2006 in Dessau für

A U F K L Ä R U N G , G E R E C H T I G K E I T , E N T S C H Ä D I G U N G
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fotos von der Demo: "Oury-Jalloh 7.1.2005"

Redebeiträge von Plataforma und ARI gehalten auf der Demo in Dessau

Die neuesten Entwicklungen aus Dessau: Die Vertuschung geht weiter Pressemitteilung vom 31.3.06

Erklärung der Nebenklage im Fall Oury Jalloh vom 31.3.06
Pressemitteilung des Dessauer Bündnisses gegen Rechtsextremismus

Kann sich ein Mensch selbst verbrennen, wenn er an Händen und Füßen fixiert worden ist?

Wie ist es möglich, dass ein Mensch ausgerechnet in einer Gefängniszelle im sogenannten „Sicherheitsgewahrsam“ verbrennt und die Todesumstände über ein Jahr lang ungeklärt bleiben?

Wieso stellten die diensthabenden Polizisten die akustische Verbindung leise?

Warum hatte Jalloh ein Feuerzeug, wenn – so die Polizeibeamten - vor dem Arrest die rechtlich vorgeschriebene Durchsuchung durchgeführt worden waren? Warum tauchte das Feuerzeug in der Asservatenliste erst später auf?

Ist es überhaupt möglich, die Todesschreie eines Menschen, der Minuten lang in den Flammen verbrennt NICHT zu hören und den Rauch NICHT zu bemerken? Ausgerechnet in einem Polizeirevier, wo absolute Kontrolle die Norm stellt?

Oury Jalloh, ein 21-Jähriger Flüchtling aus Sierra Leone, starb am 7. Januar 2005 in Polizeigewahrsam, mit Handschellen an Händen und Füßen auf das Zellenbett gefesselt. Todesursache: Hitzeschock. Die offizielle Version: Das Opfer habe die Matratze mit einem Feuerzeug angezündet, Feuer gefangen und sei verbrannt. Also Selbstmord? Diese Version warf vor einem Jahr schon schwerwiegende Zweifel auf, die bis jetzt nicht entkräftet worden sind, sondern sich erhärtet und ausgeweitet haben.

Das Feuer brach, den Ermittlungen zufolge, gegen Mittag in der Zelle aus. Der Rauchmelder in der Zelle schlug zweimal Alarm. Geräusche und Hilferufe, von einer Gegensprechanlage übertragen, wurden von den diensthabenden Beamten registriert, aber ignoriert.

Angeblich hatte der Dienstgruppenleiter die Anlage kurz vor zwölf Uhr leise gestellt, weil er ein Telefongespräch nicht verstehen konnte. Erst als auch der Lüftungsschalter Alarm schlug, ging er in den Keller. Zu spät. Oury Jalloh lag auf einer brennenden Matratze, sein Körper quasi verkohlt. Reste eines Feuerzeugs wurden erst bei späteren
„Ermittlungen“ in der Zelle gefunden.

WÄHREND ES EINSEITIG IN RICHTUNG SELBSTMORD ERMITTELT WIRD, BLEIBEN DIE VERDACHTE UNGEKLÄRT UND DIE VERDÄCHTIGEN UNBERÜHRT.

13 Monaten nach dem Tod Oury Jallohs gibt es immer noch keine Klarheit über die Umstände und die Verantwortungen. Trotz massiver, mittlerweile der Öffentlichkeit bekannter Unregelmässigkeiten und Widersprüche wird kein Gerichtsprozess angestrengt. Die verantwortlichen Polizeibeamten und der Arzt, der den Todesschein ausstellte, sind immer noch im Dienst. Die Dessauer Staatsanwaltschaft hat zwar Anklage wegen Körperverletzung mit Todesfolge und wegen fahrlässiger Tötung gegen zwei Polizisten erhoben. Mit immer neue Einwände wird aber versucht, die Verfahren einzustellen - bis ins Absurdum. Jetzt heisst es, die Anklage der Rechtsanwälte der Familie Jalloh sei nicht gültig, denn es beständen nicht genügend Beweise, dass es sich tatsächlich um die Familie Jalloh
handele. Die Zeit vergeht. Bestimmte Verbrechen vergisst man.

Die Geschehnisse in Dessau sind nur der Gipfel des Eisbergs. Die Realität von Flüchtlingen und MigrantInnen in ganz Europa wird von Tag zu Tag dramatischer. Zunehmende Verfolgung und Kriminalisierung kennzeichnen den Alltag von nicht-Europäern in Form von immer mehr Gewalt, Kontrollen, Abschiebungen. Damit werden Hass und Ausgrenzung noch tiefer in der Gesellschaft verankert. Allein zwischen 1990 und
2004 starben in Deutschland elf MigrantInnen im Zuge polizeilicher Maßnahmen, zwölf wurden durch rassistische Angriffe auf der Straße umgebracht.

Es ist wohl üblich, über den Rassismus zu sprechen, der von Nazis auf die Straße getragen wird. Über den Rassismus innerhalb der Institutionen wird hingegen wie gewöhnlich geschwiegen.

Aus dem Protokoll der Gespräche zwischen dem diensthabenden Polizeibeamten und dem zuständigen Arzt im Fall Jalloh:
Polizist: "Pikste mal 'nen Schwarzafrikaner?"
Arzt: "Ach du Scheiße. Da finde ich immer keine Vene bei den Dunkelhäutigen."
Lachen.
Polizist: "Na, bring doch 'ne Spezialkanüle mit!"

Ein zweites Protokoll hält den Dialog zweier Polizeibeamter unmittelbar nach dem Tod fest.
"Hat er sich aufgehangen, oder was?"
"Nee, da brennt's."
"Wieso?"
"Weiß ich nicht. Die sind da runtergekommen, da war alles schwarzer Qualm."
"Ja, ich hätte fast gesagt gut. Alles klar, schönes Wochenende, ciao, ciao."

Nun wird auch Mouctar Bah, der Mensch, der im Mordfall Oury Jalloh am Entschiedensten für Wahrheit und Gerechtigkeit gekämpft hat, kriminalisiert und verfolgt. Am 7. Februar schlossen die Behörden sein Telecafe - im „öffentlichen Interesse“, so hieß es, da er angeblich Drogendealer in seinem Laden tolerierte. Das Cafe war Bahs finanzielle
Grundlage und ein zentraler Treffpunkt für die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh.

Obwohl die Presse an verschiedenen Stellen Aufmerksamkeit auf die rassistische Hintergründe des Todes erregt hat (z. B. Spiegel, ARD) und einige Initiativen eine Rückhaltlose Aufklärung der Widersprüche forderten, bleibt die Neigung zum Verschweigen und Vergessen in dieser Gesellschaft bis heute stärker.

Es bedarf JETZT einen entschiedenen öffentlichen Druck, damit der Prozess tatsächlich eröffnet wird.

SCHLUSS MIT DER STRAFLOSIGKEIT DER VERANTWORTLICHEN UND DER KRIMINALISIERUNG VON UNSCHULDIGEN!
WIR LASSEN UNS NICHT EINSCHÜCHTERN!

WIR FORDERN:

AUFKLÄRUNG, GERECHTIGKEIT, ENTSCHÄDIGUNG

GEGEN RASSISMUS UND STAATLICHE GEWALT

Nicht über alles wächst Gras...
STOPPT DEN POLIZEITERROR GEGEN FLÜCHTLINGE UND MIGRANTINNEN!

BREAK THE SILENCE!

Initiative in Gedenken an Oury Jalloh,
unterstützt von
Antirassistische Intitiative ARI
Plataforma
THE VOICE
KARAWANE für die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen





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